Bindung

Was bedeutet Bindung?

Bindung ist ein Grundbedürfnis des Menschen und bildet ihre Wurzeln – streng genommen – bereits im Mutterleib. Spätestens wenn ein Baby geboren wurde, können wir Bindungsverhalten beobachten. Das Baby sucht Kontakt, und idealerweise beantworten die Eltern diesen Kontaktwunsch passend zum Bedürfnis des Kindes. Je nachdem wie gut das gelingt, prägt sich im Laufe der Zeit ein bestimmter Umgang miteinander aus und der bleibt – so unglaublich das klingt – als unbewusstes (Beziehungs-)Verhalten das restliche Leben abgespeichert. Wenn du mehr zu den Entstehungsbedingungen lesen willst, besuche doch meine Seite für Eltern, und hier speziell die Seiten über die Entwicklung von Bindung und Emotionen. Basierend auf den frühkindlichen Erfahrungen, und ergänzt/verstärkt oder auch verändert durch zusätzliche Beziehungserfahrungen außerhalb des Elternhauses, gibt es auch im Erwachsenenalter verschiedene Bindungstypen, die sich durch ihr charakteristisches Verhalten (grob) einordnen lassen.

Bindung im Erwachsenenalter

Sehr wahrscheinlich ist dir schon einmal aufgefallen: Menschen unterscheidet – oberflächlich betrachtet – ihr generelles Bedürfnis nach Beziehung/Bindung und bei genauerer Betrachtung wird klar: Menschen wollen unterschiedlich viel Nähe zu anderen. Das ist gleichzeitig der charakteristischste Verhaltensunterschied zwischen den unterschiedlichen „Bindungstypen“. Die Balance zwischen Nähe und Distanz in Beziehungen. 

Die vier Bindungsmuster des Erwachsenenalters (vereinfacht dargestellt)

Sichere Bindung

Diese haben jene Menschen repräsentiert, die sich vertrauensvoll auf andere einlassen können. Sie können ihre eigenen Bedürfnisse gut spüren und mitteilen, sind loyal und verlässlich. Ihr Bedürfnis nach Nähe und Distanz ist ausbalanciert, das heißt sie verbringen gerne Zeit mit dem Gegenüber, verlieren sich aber weder in der Beziehung, noch halten sie die andere Person auf Abstand. Kurz: Sie lassen sich ein, bewahren sich aber auch eine gesunde Autonomie.

Vermeidende Bindung (Nähe wird vermieden)

Diese Menschen halten andere auf Distanz, geben immer nur so viel, um die Verbindung gerade so aufrechtzuerhalten, aber lassen sich oft nicht wirklich ein.  Je nach Ausprägung sind sie emotional unerreichbar oder gehemmt, wirken kühl, analytisch und (pseudo-)selbstbewusst. Es scheint so, als hätten sie kein Interesse an Nähe, aber das ist Schutzverhalten. Sie haben mit den Eltern gelernt, ihre emotionalen Bedürfnisse besser nicht zu zeigen (und verlernten somit auch diese zu spüren). Charakteristisch sind ihre Mauern des Schweigens. und die Tendenz zur Nicht-Kommunikation sobald es für sie emotional schwierig wird. 

Verstrickte Bindung (Nähe ist das Wichtigste)

Hier handelt es sich um Menschen, die Distanz schlecht ertragen und viel Nähe brauchen. Sie wirken in Beziehungen eher abhängig, tun alles um zu „gefallen“, und richten sich viel nach dem Gegenüber. Aber plötzlich können die unterdrückten Bedürfnisse durchkommen und sich explosionsartig entladen. In der Kindheit haben diese Menschen einen Mangel an kontinuierlicher (!) Zuwendung erlitten. Sie haben gelernt, nahe bei den Eltern bleiben zu müssen, damit diese ihre Bedürfnisse beantworten. Und es immer wieder aufbrausendes/auffälliges Verhalten brauchte, um eine verlässliche Reaktion zu bekommen. Das sehr emotionsgesteuerte Verhalten ist charakteristisch für diesen Bindungstyp. 

Distanzierte und verstrickte Anteile können individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Leichte Tendenzen in die eine oder andere Richtung können auch Menschen mit sicherer Bindungsrepräsentation haben. Das kann (auch) an der Dynamik mit dem Gegenüber liegen!

Distanzierte oder verstrickte Anteile können sich je nach Partner:in verstärken oder abschwächen. 

Mehr über das Verhalten von nicht-sicheren Bindungstypen findest du in den Rubriken Dating und Beziehung. 

Traumatisierte Bindung

Dieser Bindungstyp zeichnet sich durch ausgeprägte Wechsel im Nähe-Distanz-Verhalten aus. Diese Menschen sehnen sich nach Beziehung, ja brauchen sie sogar, und fürchten gleichzeitig – da ohne Urvertrauen – die Nähe und die Gefahr der Verletzung. Mal sind sie kühl, dann wieder verwundbar, und reißen ihren Partner in diesen Strudel mit. Sehr wahrscheinlich gibt es hier eine Bindungstraumatisierung durch zB emotionalen Missbrauch, und es kann eine mehr oder weniger ausgeprägte Persönlichkeitsproblematik wie zB eine Borderline-Störung, vorliegen. Charakteristisch ist die Unberechenbarkeit im Verhalten

Kann man Bindungsmuster verändern?

Ja! Nämlich dann, wenn man unter dem eigenen Bindungsverhalten leidet und etwas verändern möchte. 
Das ist ein Weg der etwas Zeit, und oft auch ein paar Einheiten fachliche Begleitung, benötigt, aber es ist – in jedem Alter (!) – möglich das eigene Bindungsverhalten zu verändern. Die Belohnung dafür sind gesündere, stabilere Beziehungen (egal ob im Freundeskreis, oder in der Partnerschaft) ohne viel Drama oder wiederholten Verletzungen.

Nochmal ja, aber auf eine ungesunde Art. Nämlich dann, wenn man an eine:n Partner:in gerät, der/die das eigene Bindungsmuster ausgeprägter hat als man selbst. Also wenn diese Person NOCH distanzierter oder NOCH nähebedürftiger ist. Mehr dazu findest du unter der Rubrik Beziehung

Nein, wenn man das Bindungsmuster einer anderen Person beeinflussen möchte. Das funktioniert nur auf eigene Kosten und es ist keine echte Veränderung, sondern im Grunde nur eine Manipulation, die unglaublich anstrengend ist. Auch das thematisiere ich unter der Rubrik Beziehung